Peter Nagel

Knockin´ on heaven´s door

23. November - 7. Dezember 2003

Schon die Einladungskarte irritiert: sie zeigt das überdimensionale Abbild des Künstlers vor dem UN-Hauptgebäude in New York.

Erstaunliche Wandlungen sind eine der thematischen Konstanten der Arbeit Peter Nagels. Nichts bleibt davor verschont, seinem Werkkorpus einverleibt zu werden, nach seinen Ansichten und Vorstellungen geprägt und mit neuen Bedeutungen aufgeladen zu werden, um so zu einem Teilstück seines eigenen "Kunst-Weltentwurfs" zu werden: Gebrauchs- und Alltagsdinge, seien es Fundstücke, wie eine Christusfigur, die in einem neuen Werkzyklus eine vollkommen neue Bedeutung erhält, Zitate der Werke berühmter Künstler, wie die Nashorn-Reihe "100 Meisterwerke", die zugleich eine Auseinandersetzung mit der deutschen Kleinbürgerlichkeit darstellt, oder ältere Werke, die wie Spolien immer wieder in neue Arbeiten integriert werden. Oft ist es auch das Zusammenspiel von Kunstwerk und Überschrift, das - wie im Beispiel der Einladungskarte - jene visuelle und gedankliche Sprengkraft freisetzt, die das Besondere der Arbeiten Peter Nagels ausmacht. Skrupel gibt es nicht, vorstellbar ist alles, was der Intention der Arbeit dient. Peter Nagel ist ein Künstler, der nicht an der Etablierung einer persönlichen Handschrift interessiert ist, obgleich auch seine Arbeiten durch bestimmte Kennzeichen charakterisiert werden: die Kombination des Unzusammengehörigen, die Verfremdung des Vertrauten und die Zusammenfügung eines Zeichen- und Symbolmaterials zu größtmöglicher Komplexität.


Der wichtigste Teil der Arbeit Peter Nagels in den letzten Jahren ist seine Beschäftigung mit dem "Nord-Süd-Konflikt", der beispielsweise in seiner großen Ausstellung 2002 in den Flottmann-Hallen in Herne breiten Raum einnahm. Bestehendes Ungerechtigkeitsgefüge und die ihm zugrunde liegenden historischen und strukturellen Voraussetzungen, die zunehmende Diskrepanz zwischen den Industrienationen und den Entwicklungsländern, welche die Risiken und Nebenwirkungen der Globalisierung vornehmlich zu ertragen haben. Damit verbunden sind Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und das (behördliche) Arsenal der Abwehr und Verachtung. Die Unzufriedenheit mit dieser Weltordnung treibt Peter Nagel um, empört und bewegt ihn und findet ihren offensichtlichen wie verborgenen Ausdruck in zahlreichen seiner Arbeiten. Er reagiert nicht in der objektivierenden, distanzierten Form konzeptuellen Arbeitens, sondern mit der ihm eigenen Mischung aus Trotz, Witz und Eigensinn. Peter Nagel sieht sich selbst nicht als politischer Künstler, die von ihm gesehenen und erlebten Verhältnisse aber fordern eine Reaktion. Mehrere Reisen nach Afrika sowie ein längerer Jamaika-Aufenthalt haben seinen Blick geschärft. So umfassend und verwickelt die ganze eigene Existenz betreffend dieses weite thematische Feld ist, so vielschichtig und ausgreifend ist Peter Nagels künstlerische Reaktion. In seiner Arbeit geht es immer wieder um nicht weniger als die Schaffung moralischer Weltlandschaften. Er arrangiert seine Ausstellungen als weit verzweigte Kunst-Kosmen parallel zu den Verwicklungen, dem Aberwitz, den Zumutungen der Realität, nicht nur als nüchterne Zeichnung sondern auch als Überzeichnung, wertend und kritisch, urteilend und zum Urteil herausfordernd.

Das Konzept einer Ausstellung im [kunstraumno.10] existiert bereits seit 2001, die aufwendige Umsetzung nahm jedoch längere Zeit in Anspruch. Die Wandinstallation "100 Meisterwerke" wird in Teilen der Öffentlichkeit vorgestellt. Die bekannte TV-Bildungssendung "100 Meisterwerke der klassischen Moderne", die dem deutschen Bürger die klassische moderne Kunst näher bringen wollte, inspirierte Peter Nagel zur Erstellung einer Nashorn-Serie, in der es insbesondere um die Auseinandersetzung mit den Idealen deutschen Kleinbürgertums geht, welche durch Zitate von Wandtrophäen und ähnlichen pseudo-bourgeoisen Standesinsignien repräsentiert werden. Das "Bildungsbürgerliche" wird in seiner Kleinkariertheit an den Pranger gestellt, Trophäen erscheinen als Zitate berühmter Werke großer Künstler, und das scheinbar Museale wird mit dem Trivialen in dieser Installation gekoppelt.

Zur Ausstellung erscheint eine Edition.

Die Eröffnung der Ausstellung findet am Sonntag, dem 23. November 2003 in der Zeit zwischen 11:30 und 16:00 Uhr statt. Die Ausstellung ist bis zum 7. Dezember jeweils freitags von 17:00 - 19:00 Uhr, samstags und sonntags von 15:00 - 17:00 Uhr sowie nach Vereinbarung zu besichtigen.