Joachim Kreiensiek

Ort und Zeit - abstrakte Malerei

17. - 31. Oktober 2004

(Abb. Detailausschnitt Stadtkarte Rom)

Der Ausstellung des in Mainz lebenden Künstlers Joachim Kreiensiek wird etwas Besonderes anhaften. Im ersten Ausstellungsraum wird ein 2 x 2,80 m großes, monochromes Gemälde zu sehen sein: eine Straßenkarte der Stadt Rom, weiß auf weiß in Öl. Blickt der Betrachter aus einer gewissen Distanz auf dieses Bild, nimmt er nur eine weiße Fläche wahr. Erst in der Annäherung werden kartografische Strukturen, Verkehrsadern, Knotenpunkte, Gebäudeumrisse, Brücken und schließlich auch der Tiber sichtbar. Durch die monochrome Malweise sowie die ausschnitthafte Begrenzung des Bildes erreicht Kreiensiek, dass sich beim Betrachter ein anderes optisches Verhältnis zu Stadt und Raum als in der Wirklichkeit einstellt. Die Linien der Straßen, die Kurvatur des Flusses, die eingekreisten Ziffern verlieren ähnlich wie bei einem Vexierbild ihren reinen Informationswert und bilden kompositorisch autonome Formen von ästhetischem Reiz. Die Stadtkarten Kreiensieks laden förmlich zum meditativen Verweilen ein und werden zu Projektionsflächen einer nicht nur äußeren Orientierung. Bestimmte biografische Ereignisse und Erlebnisse verbinden sich mit einem Stadtbild und tauchen bei der Beschäftigung mit dieser Stadt immer wieder auf. Joachim Kreiensieks Stadtkarten laden förmlich zu solch imaginären Reisen in die Vergangenheit oder Zukunft ein und wecken immer wieder Assoziationen im Unterbewusstsein, die nicht immer nur direkt mit den Städten in Verbindung stehen müssen.


(Abb. Ausschnitt Stadtkarte Venedig)

Eine ganz andere Form von Assoziationen vermitteln die Datumsbilder von Joachim Kreiensiek. Die zumeist paarweise gezeigten Bilder sind eine Auseinandersetzung mit Leben und Tod und manifestieren den ewig währenden Kreislauf von Werden und Vergehen. Jedes Bild zeigt eine weiße, auf schwarzem oder grauen Grund gesetzte Punktfiguration, die eine codierte Umsetzung der achtstelligen Zahlenreihe des Geburts- bzw. Sterbedatums einer Person darstellt. Mit Hilfe von Lochkarten - den ältesten maschinell lesbaren Datenträgern - hat Joachim Kreiensiek eine Grammatik gefunden, über deren Logik und Gesetzmäßigkeit eine rationale Form entsteht, die, und das ist das Entscheidende, der Künstler mit der Wahl der Zahlenreihe selbst bestimmt. Die Ziffernfolge eines Datums, codiert als abstraktes Punktraster auf der Leinwand, erscheint Kreiensiek als die prägnanteste Form zur Kennzeichnung einer Person.

Für die vom 17. bis 31. Oktober dauernde Ausstellung wird Joachim Kreiensiek sich auch mit dem Stadt Mönchengladbach beschäftigen und diese in einer eigens für die Ausstellung erstellten Edition "kartografieren". Lassen Sie sich überraschen, welche Assoziationen diese Edition in Ihnen weckt!

Zur Ausstellung erschien eine Edition.