Hundert Meisterwerke |
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Alles könnte schön sein. Peter Nagel aber ist ein Spielverderber,
er infiziert noch die harmlosesten Dinge mit seiner skeptischen Sicht auf
Zustand und Lauf der Welt. Nichts, was ihm in die Hände fällt,
zu einem Teil seines überbordenen Werks wird, bleibt unverwandelt.
Die erstaunlichen, mitunter erschreckenden Metamorphosen, die Belebtes wie
Unbelebtes erfahren, sind eine der thematischen Konstanten der Arbeit.
Nichts verschont Peter Nagel, um es seinem Werkkorpus einzuverleiben, es
nach seinen Ansichten und Vorstellungen zu prägen, mit neuen Bedeutungen
aufzuladen und so zu einem Teilstück eines eigenen, eigenwilligen
Kunst-Weltentwurfs zu machen: Gebrauchs- und Alltagsdinge, seien es
Fundstücke oder umgestaltete Nachbauten, die zum baldigen Verbrauch
bestimmten Werke der Etho-Airport-Art und das heimatliche, jagdliche Kunstgewerbe
oder Comic und abendländische Hochkunst, der menschliche Körper
(als Wachsabguß) in Teilen oder im Ganzen oder präparierte Tiere
und sogar eigene ältere Werke, die qua Recycling wieder in andere Arbeiten
integriert werden. Dies gilt auch für Worte und Zeichen aller Art. Sie
werden verschoben, zerlegt, umgestülpt und neu zusammengesetzt. Oft
ist es erst der Zusammenprall von materiellen Kunstwerk und immaterieller
Überschrift, der die Funken möglicher Bedeutung fliegen
läßt und jene visuelle und gedankliche Sprengkraft freisetzt,
die in ihnen angelegt ist. Skrupel hinsichtlich der Materialien, der
Formensprache gibt es nicht, vorstellbar ist alles und erlaubt, was den
Intentionen der Arbeit dient. Peter Nagel ist kein Stilkünstler, nicht
an der Etablierung einer persönlichen, markenzeichentauglichen Handschrift
interessiert. Nicht untypisch für einen in den achtziger Jahren, im
Zeichen der Postmoderne künstlerisch Sozialisierten ist diese zunächst
offen und unverbindlich erscheinende Art des Spiels. Gleichwohl sind drei
Verfahren charakteristisch für Nagels Arbeit: Kombination des
Unzusammengehörigen, Verfremdung des Vertrauten und Zusammenballung
des vielfältigen Zeichenmaterials zu großtmöglicher
Komplexität.
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